Pamir Expedition 2007

Berg-Badachschan (GBAO), Khorog, Wachan-Korridor, Kischlak Darschai, Darschaidara Tal, Pik Majakowski (6.096 m)

15. Juli bis 13. August 2007, Gipfelerfolg am 1. August

Falk Hille, Gunther Knauthe, Stefan Toto Langer, Clemens Schulz


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Der Berg, die Gegend, der Grund

Das Dach der Welt ist immer eine Reise wert. Dachten wir uns nicht nur, stimmt auch – können wir sagen, nachdem wir 2007 ein weiteres mal im Pamir waren. Wieder im südlichen Teil, in einer derart weltabgelegenen Gegend, daß Du als Bergsteiger mit ganz ursprünglichen Problemen kämpfst: Flußquerung hier oder woanders? Über die Moräne oder an der Seite vorbei? Blick aus dem niederen Darschaidara Tal Richtung Hindukusch Nah dem Flußlauf folgend oder weiter oben am Berg entlang? Wo genau sind wir? Letow Budum

Glücklicherweise heißt es, daß das Wetter stabil schön ist („Regen eine Seltenheit“, Satulowski 1964) und wir konnten dies aus unserer Erfahrung auch bestätigen. Von 20 Tagen beginnen 19 mit blauem, fast wolkenlosem Himmel. Eine berauschende alpine Landschaft, auf welche die Einheimischen – wie sie nicht selten betonen, jedoch – völlig zu Recht stolz sind.

Da auch für die Vorbereitung unserer Pamir-Fahrt das Internet die Quelle für Informationen, schließlich sogar wesentliche topographische Erkenntnisse und die einschlägige sowjetische Generalstabskarte war, will ich künfigen Bergfahrern von unserer Unternehmung berichten. Zudem gibt’s an dieser Stelle ein Forum für weitergehende Fragen.

In der südlichsten Pamirkette befinden sich mehrere 6.000er, darunter im Osten die bekannten Pik Karl Marx und Friedrich Engels und im Westen der Pik Majakowski. Wir haben für die Kette unterschiedliche Namen gefunden: häufig ist „Wachan-Kette“, so v.a. die alten sowjetischen Generalstabskarten, u.U. wird aber auch von der „Schachdara-Kette“, wie das nordöstlich liegende Tal benannt ist, gesprochen. Das vielleicht großartigste für all jene, die einen aussichtsreichen Punkt erklommen haben: der beeindruckende Blick auf den nahe liegenden Hindukusch mit vielen sechs- und siebentausendern. Vom Gipfel

Auf der Schwierigkeiten-Seite einer solchen Bergfahrt werden verbucht:


Unser Weg

Wir haben den Pik Majakowski quasi auf der Route der Erstbesteiger, d.h. von Süden durch das Darschaidara-Tal erstiegen. Würde ich es ein zweites mal versuchen, wäre ich geneigt eine Route von Westen oder Norden (über den 50 Jahre LGU Paß, vgl. Linkliste) zu probieren. Da wir – wie eben Hobbybergsteiger, die ihr sonstiges Dasein im Flachland fristen – auf eine längere Akklimatisationsphase und also einen längeren Aufenthalt in der Höhe angewiesen sind, waren wir gezwungen, ein übermäßig schweres Gepäck (ca. 40 kg) durch das sich in die Länge ziehende Darschai Tal zu tragen. Nahe Letow Schel Wir hatten versucht, im Kischlak Darschai Esel zu bekommen, aber die Preisvorstellungen der Pamiris waren exorbitant (v.a. gemessen an realistischen Beiträgen, die wir im Vorjahr für Esel im Badomdara Tal gezahlt hatten). Offenbar hatte es Westler gegeben, die für eine Trekking-Tour von Darschai ins Schachdara diese Preise zu zahlen bereit gewesen sind. Von Garm-Scharchma oder dem Südwesten aus dürfte der Anmarschweg kürzer sein. Mit einer zureichenden Akklimatisation mag man dann auch auf ein Basecamp verzichten können.

Base Camp Wir haben unser Basecamp etwas oberhalb des (unbewohnten) Letow Tung aufgeschlagen, auf der orographisch linken Seite des Rostoudara, kurz oberhalb der Steilstufe und der Vereinigung zum Darschaidara. Eine Flußquerung ist hier mit geringen Schwierigkeiten verbunden (morgens), aber wenn man auf der rechten Flußseite eine geeignete Stelle für ein Camp findet – vielleicht sogar noch weiter oberhalb in Richtung des Gletscherendes – mag das auch zu empfehlen sein. Lager 1

Von hier ist es etwa eine Tagestour bis man endgltig bei etwa 5.000 m weglos über Geröll endlich im Firn des Gletschers steht. Wir haben noch zwei weitere Übernachtungen eingelegt, ein längeres Graben des Zeltplatzes im Schnee war nötig. Vor allem im Lager 5.000 m sahen wir uns von Steinschlag bedroht und fanden einen sicheren Platz talseitig eines Felsens. Ein zweites Camp errichteten wir auf ca. 5.600 m (so wie die Erstbesteiger) bevor wir – ab hier erst am Seil – zum Sturm des Ostgipfels aufbrachen. Der Anstieg führt über Firnfelder mit etwa 40 ° Steigung. Wir haben alternierend, je nach Beschaffenheit des Gletschers, mit Rammpickel oder Eisschraube gesichert (zu zweit überschlagend gestiegen). Blick in die Nordwand Oben Spätestens ab Camp 2 ist der Blick berauschend; aber mit Erreichen des Gipfels wird es grandios: da der Ostgipfel nicht sehr überwächtet ist, erlaubt er einen tiefen und ergreifenden Einblick in die steile Nordwand – vom Ausblick Richtung Khorog und Schachdara ganz zu schweigen. Im Westen Marx und Engels und im Süden der Hindukusch und die Ebene bei Ischkaschim. Faszinierend.





Hilfreiche Ressourcen im Internet

www.pamirs.org
Russen am Berg, immer wieder eine Offenbarung (2003)
Besteigung von 2006, offenbar von Westen
Moskauer Tourismusföderation über die Gegend
Selbe Seite, Berge beim Blick nach Süden
Sowjetische Generalstabskarte, mapj42 und dito., südliche Anschlußkarte
Übersichtsseite der verfügbaren Generalstabskarten
www.botschaft-tadschikistan.de
Bericht im Ersten Deutschen Fernsehen über die Fluglinie Duschanbe-Khorog
Pamir WebGIS. Schweizer Projekt zur Topographie des Pamir



GBAO Permit (unbedingt!) in Deutschland beantragen

Seit 2007 kann man die Genehmigung für die Einreise nach Berg-Badachschan (GBAO) zeitgleich mit dem Visum für Tadschikistan z.B. bei der Konsularabteilung der Tadschikischen Botschaft in Berlin beantragen. Das ist unbedingt zu empfehlen, da das Beschaffen der GBAO Permit z.B. in Duschanbe mit großen Schwierigkeiten und Wartezeiten (mehrere Tage) verbunden sein kann.

Zudem entfallen die zusätzlichen Kosten, die Botschaft verlangt nur die sowieso anfallenden Beträge für die Visa. Auf dem Antrag für die Visa haben wir die Reiseroute, also die Orte innerhalb von Berg-Badachschan vermerkt und darauf hingewiesen, daß wir diese Permit mit ausgestellt haben wollen. Die Beamten der Konsularabteilung sind überhaupt sehr freundlich und auskunftsbereit -- auch am Telephon. Ein großes Lob.



Journal

Für jene, die an Details der Besteigung, u.U. auch der Reiseroute interessiert sind, hier eine grobe Kopie meines Journals. Die Dreh- und Angelpunkte, v.a. aber die Fallstricke und verschiedenes Achtenswertes (gerade auch Preise und z.B. die Schwierigkeiten beim Billetkauf in Khorog) sollte aber daraus hervorgehen.

Dienstag, 17. Juli

5.30 Uhr Start in Dushanbe, 2.00 Uhr nachts Ankunft Khorog. 200 Somoni pro Mit Marschrutka nach Khorog Nase bei 9 Personen im 11sitz. UAZ Bus über die M41. Straße bei weitem nicht so attraktiv wie zwischen Khorog und Murgab bzw. Osch.

Mittwoch, 18. Juli

Wir bleiben in Khorog in der "Pamir Lodge" (USD 5 p.P.) Dusche leider nur im Handbetrieb, Bottich Wasser über'n Kopp. Nach langem Warten bekommen wir die OVIR für 15 USD und 21 Somoni pro Nase. Dann "handicraft“ Laden (von den Verkäufern is einer aus'm Kishlak Darschai und sagt wir sollen uns dort wegen möglicher Esel die wir mieten könnten an seine Familie wenden), Eisessen und Internet. Mahbub (netter Deutsch-Student, den wir aus'm letzten Jahr kennen) auf der Straße getroffen. Für 20.00 Uhr zum Essen verabredet. Netter Abend, selbe Kneipe wie letztes Jahr. Manches über das Leben hier gelernt. Im Varka (so der Name der Kneipe) soll manchmal die Hautevolee von Khorog auf'm Tisch tanzen. In Ishkashim ist ein internationaler Flughafen geplant und mit dem Bau der University of Central Asia (UCA) in Khorog geht’s angeblich voran.

Donnerstag, 19. Juli

Schon wieder bis 12 gepennt. Sachen sortieren und packen. China-Tüten auf'm Markt gekauft. Melone auch. Und Socken in der falschen Größe. In der Pamir Lodge Wahrscheinlich überteuert. Aber trotzdem billich und keinen Bock auf verhandeln gehabt. Bullenhitze. Abendessen wieder im Varka. Hautevolee läßt sich nich blicken. Morgen um 7.00 wollen wir nach Darshai fahren. Toto hat bei den Leuten von der "Pamir Lodge" ein Sammeltaxi klar gemacht.

Freitag, 20. Juli

Frühes aufstehen nützt nix. Das Marschrutka von der "Pamir Lodge“ fährt nach Duschanbe statt nach Darshai. Andre und Toto gehen auf den Markt ein Taxi suchen. Schließlich wird es ein UAZik. Jener ist aber in erbärmlichem Zustand und der Fahrer muß mehrmals mit Flußwasser kühlen, den Choke bei Fehlzündungen ziehen und dann sogar die Kupplung bauen. Kurz vor dem Abzweig nach Garm kontrolliert uns ein Checkpost. Einer der Grenzer fährt dann bis Ishkashim mit. Insgesamt eine anstrengende Fahrt. Wir finden dann in Darshai recht bald die Familie des handicraft-shop Mitarbeiters, die uns Esel (Ishak) besorgen sollten. Leider entpuppt sich die Gastfreundlichkeit als Instrument zum Geldverdienen. Falk und Clemens müssen aus unerfindlichen On the road. Via Darshai to Ishkashim Gründen mit zum Esel holen ins Nachbardorf laufen (zusammen 14 km). Die ÜN soll 20 $ kosten. 1 Tag Esel mit Sohn der Familie 150 Somoni. Wir verzichten schließlich; aber nicht ohne langwierige Verhandlungen. Immerhin wohnen wir der Schächtung eines Schafes bei. Falk und ich müssen auch mit zupacken.

Samstag, 21. Juli

Sehr früher Aufbruch. Wir wollen ohne Frühstück los – die Gastfreundschaft gegen Geld gefällt uns nicht. Ca. 10 km im Darshai Tal aufwärts mit irrem Gepäck. Bestimmt 40 kg. Darshai liegt bei etwa 2.700 m, unser ÜN Platz (erste Zeltnacht) bei 3.175 m. Gar nicht weit oberhalb von Darshai passieren wir den berühmten Owring. Naja, berühmt ist der jetzt nicht im besonderen. Nur generell sind die Owring berühmt. Das sind an den Fels montierte Wege da wo im Talgrund der Fluß keine Möglichkeit für Wegbau bietet. Ein bißchen blümerant fühlt man sich ja schon wenn man da rübergeht. Aber dann sagst Du dir: die treiben Kühe und Schafherden hier rüber, dagegen bin ich plus 40-Kilo-Rucksack doch ein laues Lüftchen. Der Owring bei Darshai Abends dann Regen. Angeblich ja eine Seltenheit.

Weiter oben, da wo man orographisch rechts vom Darshaidara geht, beißen uns Flöhe und merkwürdige Fliegen. Bei Toto schwillt ein Auge zu. Ich war so blöd und hatte meine Hosen hochgekrempelt. Jetzt zieren meine Waden totale fette Schwellungen. Auf dem Handrücken sind von den Bissen nur kleine Blutflecken oder besser -punkte zu sehen. Kurpascha heißen die Fliegen, erfahren wir dann später im Kishlak Chamuk.

Sonntag, 22. Juli

Früh regen (schau an!). Beschwerlicher Aufstieg, wobei alle auf mich warten müssen. Ich hatte zuwenig gegessen und der Rucksack wiegt einfach zu schwer.

Die Schwellungen von den Bissen der Kurpascha-Fliegen sind immernoch in voller Größe vorhanden. Ich behandle abends mit Pylosin. Wir übernachten direkt beim Letow Shel.

Montag, 23. Juli

Pylosin nicht geeignet. Falks Brandsalbe morgens viel besser. Clemens steigt 9.00 Uhr ab – er will sich jetzt mit Fahrer und Guide treffen und nach Osch weiterreisen. Leider hat er für den Berg nicht genügend Zeit. Wir auf Gewaltmarsch. Falk nimmt mir noch das Seil ab. Etwa um 17.00 Uhr erreichen wir den Letow Chamuk. Nach einem Nickerchen gehts mir wieder ganz gut. Die Insektenbisse behandle ich wieder mit Brandsalbe.

Im Letow Chamuk

Dienstag, 24. Juli

Ruhetag. Schlafen und sortieren und Besuch im Letow Chamuk. Familie Paishanbe lebt hier von 20. Juli bis 20. Sept. Sonst in Darshai. Die Kinder müssen schon im August in die Schule. Der Opa war 40 Jahre Chauffeur, jetzt ist er 65 und Pensionär. Er hat 8 Töchter und 2 Söhne von denen einer mit Kindern hier ist. Der Letow ist eine steingeschichtete Behausung. Während unseres Besuchs wird Schafsmilch verkocht. Sträucher zum anfeuern, dann Schafs- und Kuh-Dung. Etwa 4 Stunden wird die Milch so geköchelt. Wir werden zu dem daraus hergestellten Quark und Butter und Tee eingeladen. Generell verarbeitet die Oma, Opa macht Feuer, die Frauen sammeln Strauch und Dung und die Kinder hüten die Schafherde.

Im August kommen angeblich Touristen. Wir werden gefragt, ob wir Esel wollen. Die jüngere Frau hatte da Falk auch schon mal nach Dollar gefragt. Ich sage, wenn Esel, dann wollen wir 4 Somoni pro Tag geben. Die Familie erwiedert, daß sei nicht nötig, ihre Hilfe kostenlos.

Als wir abendessen taucht die jüngere Frau wieder auf. Absprachen, was die Zeit anbelangt und -- als ob wir es nicht geahnt hätten -- 40 Somoni soll der Eseltransfer kosten. Nach einer ganzen Weile Ratschlag und Verhandlung, Ablehnung unsererseits.

Mittwoch, 25. Juli

Der Opa weckt uns 7.30 Uhr. Er ginge jetzt los. Unsere Theorie: er wollte uns ohne Entgeltforderung helfen, seine Familie aber war dagegen. Wir packen und 10.00 geht’s los. Beim Letow Tung treffen wir den Opa mit einer geschlachteten Kuh auf dem Esel wieder. Weiter unten waren schon die Jungs mit einem erlegten Murmel Das obere Darshaidara Tal unterwegs gewesen. Offenbar fallen auch noch andere Aufgaben in den Verantwortungsbereich der verschiedenen Generationen. Weiter oben dann Wendung nach Norden und 3 Flußquerungen (zuletzt Rostoudara). Etwa 4.200 m. Base Camp.

Donnerstag, 26. Juli

Krank. Fieber. Offenbar hat auch der langsame Anstieg die Höhenkrankheit nicht verhindert. Falk und Toto Ausflug Richtung Pik Majakowski. Lage sondieren.

Freitag, 27. Juli

Krank. Fieber läßt langsam nach. Ruhetag.

Base Camp

Samstag, 28. Juli

Genesung. Trotzdem Ruhetag. Falk und Toto zum Pik Zentral. Toto oben, Falk nur fast. Leichte Verrichtungen im Base Camp. Z.B. den Zeltvorplatz gepflastert.

Sonntag, 29. Juli

Ruhetag, der letzte. Abhängen im Zelt. Schutz gegen die Sonne auf dem Zeltdach montiert. Essen.

Montag, 30. Juli

Frühes Aufstehen (mit der Sonne) und Aufstieg entlang des Rostoudara. Einige Stunden bis endlich die Gletschermoräne beginnt. Sehr mühsamer Weg über Geröll. Auch über den Gletscher zieht es sich. Toto geht schneller voran, will es allein versuchen und biwakieren.

Falk und ich beraten über den weiteren Weg. Rechts könnte man an Gletscherbruch vorbei steil auf Eis nach oben. Aber der Weiterweg ist nicht einsichtig. Wir entscheiden für die sichere Variante links/zentraler über Geröll (wenn man so will: im Talgrund). Eine gefährliche Querung zurück unter dem Hängegletscher (Steinschlag) ist notwendig. Weiter über Geröll, später erste Schneefelder. Etwa 16.00 Uhr Zeltbau -- ich überzeuge Falk vom Graben einer Schneeplattform. Ein Fels Camp 1 schützt vor Steinschlag. Höhe etwa 4.800. Toto dürft reichlich eine Stunde weiter sein.

Dienstag, 31. Juli

Wir lassen uns verhältnismäßig viel Zeit. Gehen erst nach 10.00 Uhr weiter. Da wo endgültig alles schneebedeckt ist (nach einer reichlichen Stunde parallel zum letzten Fels rechterhand), treffen wir Toto. Er hatte hier am letzten Fels/Geröll biwakiert und war früh aufgestiegen, bis es ihm zu steil wurde.

Wir gehen langsam weiter, seilfrei -- der schneebedeckte Gletscher macht (zunächst) einen spaltenfreien Eindruck. Gegen 15.00 Uhr fangen wir aktiv mit Zeltplatzüberlegungen an. An einem Eisbruch an einer Spalte erscheint uns der Verlauf derselben zu schwer zu Aufstieg zu Camp 2 überblicken. Auch hier noch fetter Firn auf dem Gletscher. Wir gehen ins steilere Gelände zu dem untersten der freien Felsblöcke. Hier können wir eine zureichende Plattform graben. Windgeschützt vom Fels. Etwa 5.600 m.

Aufstieg zu Camp 2

Mittwoch, 1. August

Halb 6 Uhr drängt Falk zum Aufwachen. Die Sonne kommt auch schon. Wir binden uns gleich (das erste mal überhaupt) ein und steigen jeweils die volle Seillänge überschlagend -- sichern dann mittels Eisschraube oder Rammpickel. Das kostet sehr viel Zeit. Gipfel erreicht Eisschrauben gehen nur selten, meist tiefer Firn und brüchiges Eis an der Oberfläche. Weiter oben ist der Schnee dann auch schon sehr weich, so daß wir tief einbrechen und nur ganz schwer vorankommen.

Gegen 12.00 Uhr steige ich ein letztes mal die volle Seillänge aus. Es Blick nach Süden wird schon flacher. Falk kann nach seiner Ankunft einfach 20 Meter hinlaufen und steht auf dem Ostgipfel. Wir binden uns aus und bestaunen den Rundblick. Nur langsam ziehen Wolken von westsüdwest heran. Sehr schön ist die Ebene bei Ishkashim zu sehen. Und extrem eindrucksvoll der tiefe Blick in die Nordwand. Eigentlich müßte sie zu durchsteigen sein. Oder ist das der Gipfelwahn? Das Gelände um den angeblichen Paß Darshaidara-Shachdara ist unübersichtlich.

Nach einer dreiviertel Stunde auf dem Gipfel treten wir den Abstieg an. Auf den Westgipfel kann man nicht ohne weiteres gelangen. Ist der höher? Oder nur stärker überwächtet? Die Erstbesteiger waren auf dem Westgipfel. Die Russen vor drei Jahren waren – wie wir jetzt – auf dem Ostgipfel.

Blick nach Süden

Abstieg sorgfältig gesichert. Unspektakulär. Manchmal tief in den Schnee einsinkend. Schon gegen 18.00 Uhr liegen wir beköstigt in den Federn.

Donnerstag, 2. August

Mit der Sonne um kurz nach sechs mit den ersten Verrichtungen begonnen. Nachts waren es minus 11 ° im Zelt gewesen und v.a. wegen der kaputten Therm-a-Rest (wahrscheinlich hat ein spitzer Stein ein Loch in den Boden gestochen) schweinekalt. Wir bauen ab und beginnen kurz nach 7 den Abstieg. 8.10 Uhr erreichen wir den Fels und vielleicht Abstieg noch 30 min. Abstieg auf Schnee, an der ÜN vorbei, dann Steigeisen ab. Der Weg über den Gletscher zieht sich. Im Grün eine lange Pause -- dann nochmal 1 Stunde bis wir 15.00 Uhr das Base Camp erreichen. Räumen + waschen. Abends Feuer.

Freitag, 3. August

BC Abbau und Abstieg diesmal links des Rostoudara. Z.T. heikel über Entlang des Rostoudara links Geröll entlang des reißenden Flusses. Im Letow Budum (praktisch vis-a-vis vom Chamuk) Einkehr. Offenbar nur zwei ältere Frauen mit 10 Kindern. Aber den Weg über den Paß nach Schachdara können sie uns nicht sagen, geschweige denn Esel für's Gepäck stellen. So geben wir nun diesen Plan auf und Querung werden den gleichen Rückweg wählen. Also Durchquerung des Darshaidara und Gruß quasi im Vorbeigehen zum Letow Chamuk und dann rascher Abstieg im Darshai Tal bis zum ÜN Platz, wo Clemens das letzte mal dabei war am Letow Shel.

Was total merkwürdig auffällt: über 5.000 m war bei beiden Camps und auch sonst recht wenig Wind. Ja, die Lager fast windstill. Das Tal Hier im Tal, d.h. entlang des Darshai (und auch im Base Camp) ist es besonders in der Dämmerung außerordentlich stürmisch.

Samstag, 4. August

Abstieg nach Darshai. Recht später Start beim Letow Shel, so etwa 9.00 Uhr, und langer Weg mit Gegenanstiegen bis wir schon nahe der Dämmerung nach 18.00 Uhr die Straße bei Darshai erreichen. Preisverhandlungen wegen Taxi nach Ishkashim. 100 Somoni werden genannt. Wir wollen dann ortsausgangs zelten und werden auf dem Weg dahin ins Pamirhaus der Familie aus dem Letow Chamuk eingeladen. Pamirihaus im Kishlak Darshai Einige Konversation. Nett: der Sohn des Chauffeurs, den wir schon aus dem Lotow Chamuk kennen und der für einge Tage wegen notwendiger Feldarbeit abgestiegen ist.

Sadi, der Sohn der Gastfreundschaft-gegen-Geld-Familie, der Englisch kann, kommt auch nochmal zum uns vollquatschen vorbei. Die Frau des Hauses bereitet guten Plov/Reisteller. Und wiedermal das Thema Rubine. Ob man uns glaubt, daß die Edelsteine uns eher egal sind?

Sonntag, 5. August

Darshai-Ishkashim: Frühes Aufstehen. Wir bekommen Frühstück, Brot und eine große Schale Milchtee mit Salz. Das heißt "Schir-tschai und ist im Westpamir das traditionelle Essen am Morgen. Jawohl, Essen, nicht Getränk! Schwarzer Tee wird mit kochender Milch überbrüht, dann tut man Salz und ausgelassene Butterhinein“ (Agachanjanz 1980).

Nachdem wir loslaufen und nach wenigen Minuten den Ortsausgang erreichen, wird uns dort das Taxi nach Ishkashim für (nur noch) 70 Somoni angeboten. Was sich aber erst nach unserer Zusage langsam herauskristallisiert: wir müssen anderthalb Stunden warten. Dann klettern ein älterer Chauffeur, wir drei, ein weiterer Reisender mit Kind und der Agent selbst (mit mir auf dem Beifahrersitz) in einen alten UAZig. Der Motor läuft zwar wie geschmiert. Dafür haben wir zweimal Platten. Da der Wagenheber kaputt ist, müssen wir den Jeep anheben und der Agent Platten und kein Wagenheber bastelt Steine unter die Achse. Beim zweiten Platten wird aus dem nächsten Dorf -- nebst Benzin -- ein ungefähr passender Reifen beschafft. Wir haben solang Gelegenheit mit Schweizern zu reden, die mit ihrem Land Rover nach Wladivostok wollen. Sie kommen aus Iran und Usbekistan. In Garm wurden ihnen leider USD 500 gestohlen. Aber die Kripo soll total agil gewesen sein und das volle kriminaltechnische Programm geboten haben. Also soweit guten Eindruck gemacht.

In Ishkashim gibt es ein Guest House. 25 USD für uns drei zusammen inkl. Frühstück. Wir haben eine gute Verhandlungsposition, weil wir von den Schweizern die Preise kennen. Inspektoren aus Dushanbe sind auch da.

Am späten Nachmittag der Wiedereinstieg in den Alkoholkonsum in einem der wenigen offenen Magazine. Der Wirt hat schon Einige indus. Er betont die gemeinsamen Vorfahren: Deutsche im Kishlak Rhin oder Ryn, aus dem er stammt -- unweit Ishkashim. Wir trinken Baltika 9 und der Meister gredenzt noch einen Vodka aus der Plasteflasche mit Steuerbanderole, der auf's Haus geht.

Der Sohn des Hauses, der in der Schule wohl Englisch lernt, sichert im Auftrag seines Vaters die mediale Kurzweil. Immerhin gibt es ultramoderne fernöstliche Unterhaltungselektronik. Höhepunkt ist ein auf pakistanischer DVD produzierter afghanischer Sänger. Der Mitschnitt spielt in einer Konzerthalle, die aussieht wie früher in der DDR die Stadthallen. Während er recht solo-lastig spielt kommen immer wieder Leute auf die Büne und stecken kleine Zettel irgendwo hin. Offenbar Sympathiebekundungen. Die Bildregie, die wir für total mißglückt halten würden, ist immer bemüht genau diese Szenen, wo der Sänger von seinen Fans verdeckt wird, einzufangen. Und was hier wohl auch extrem populär ist: alle Farbregler auf Anschlag.

Wir werden auf dem Rückweg dann noch von der gelangweilten Miliz auf's Kommissariat gebeten. Dort wird eine Registrierung vorgenommen. D.h. wir werden in eine Liste eingetragen. Kosten tut das nix und freundlich sind die Beamten auch. Jetzt ist es amtlich, daß wir da sind.

Montag, 6. August

Frühes Aufstehen. Abschied von den Inspektoren mit Gruppenphoto. Nein, nich wir machen das Photo sondern der Inspektor mit seinem Mobiltelephon. Noch auf dem Weg zum Avtovoksal sprechen uns Moskvich-Fahrer an. 85 Somoni für alle bis nach Khorog werden abgesprochen. Unterwegs nur eine einzige Reifenpanne.

In der überfüllten "Pamir Lodge“ nur noch Platz auf der Terasse der Professorenwohnung. An sich ganz schön. Nur die Mücken. Oder sind es Flöhe?

Dienstag, 7. August

Khorog. Zum Flughafen um die Modalitäten für einen Flug zu Fliegen? Heute noch nicht untersuchen. Dieses aber völlig versemmelt, siehe unten zu den Gründen. Dann noch Schaschlyk unweit vom Basar, wo wir am Nachbartisch den netten Deutsch-Professor und Dekan der Fremdsprachen-Fakultät der Universität kennen lernen (wir lassen Mahbub grüßen). Dann ins Internet-Cafe. Abends gehen wir mit Paula (GTZ/DED Stipendiatin) essen. Leider ohne Schaschlyk. Aber Bier "is available". Mücken leider auch.

Mittwoch, 8. August

5.30 Uhr Frühstück. Dann zum Flughafen, aber wir haben das System nicht im Ansatz begriffen. Wir hätten gestern unsere Pässe abgeben müssen, um heute zu fliegen. Für den ersten Flug des jeweiligen Folgetages werden nach dem Start der Maschine Richtung Dushanbe die Reservierungen in Gestalt der Pässe angenommen. Für die zweite Maschine (die AN-28 fliegt 2mal her und hin) dann ebenso. Das ist das einzige, was wir zunächst in Erfahrung bringen können. Offenbar haben wir gestern um ein Haar das Einsammeln der Pässe verpaßt (denn ewig lockt das Schaschlyk).

Nun: im Flur des Vordereingangs befinden sich fünf Türen ohne jeden Hinweis, was sich dahinter verbirgt. Es gelingt uns, herauszufinden, daß hinter der zweiten Tür links der Nachalnik (russ. für Vorsteher) sitzt und wir sind Zeuge, wie er -- nachdem der Flieger in Dushanbe gestartet ist -- den Stapel am Vortag gesammelter Pässe in das stirnseitige Zimmer gibt.

Dann begibt sich der Nachalnik für Landung und Start über die Straße Richtung Rollfeld bzw. Tower. Für uns zunächst nicht erklärbar, wie die Pässe samt Billet ihren Weg zurück zu den Reisenden finden, ist es so, daß auf der rückwärtigen Seite des Gebäudes eine Art Warteraum ist samt Schalter. Diese "Kasse" besteht aus einer kleinen Durchreiche in der Wand und hier ist just das andere Ende des stirnseitigen Zimmers.

Wir glauben nun noch, daß wir u.U. den Schaltermenschen zum Verkauf von Billets bewegen können. Zumal immer wiede Leute mit Geld, z.T. auch Billets kommen und etwas abwickeln. Aber er läßt sich nicht erweichen und verweist immer nur auf den Folgetag.

Ein Eckensteher hilft schließlich mit dem entscheidenden Hinweis, daß wir Hilfe nur vom Nachalnik erwarten könnten. Später klärt sich auch auf, warum wiederholt Leute mit Geld zur "Kasse" kommen: sie zahlen ihr Übergepäck (nur 10 kg sind frei, jedes weitere kg für 2 Somoni, weniger als 50 Eurocent), das auf der anderen Straßenseite beim Betreten des Rollfeldes gewogen und bestimmt wird.

Zwischen ersten und zweiten Flug gelingt es mir am Vordereingang den Nachalnik mehrfach kurz zu sprechen. Aber die einzige außerordentliche Zusage -- ich beteure ja wahrheitsgemäß, daß wir gestern schon hier waren, nur fahrlässig die Paßabgabe versäumt haben --, die er zu machen bereit ist, besteht in der Entgegennahme unserer Pässe für die geringe Eventualität, daß in der zweiten Maschine drei "Reservierungen" verfallen.

Aber dazu kommt es nicht. Wir haben nun -- inzwischen nach 15.00 Uhr -- reguläre "Reservierunen" für Donnerstag, also morgen, den ersten Flug. Naja, früh ist eh viel besser.

Wir fahren also zurück zum Zentrum von Khorog, wo wir auf Paula warten, die leichtfertig zugesagt hatte, daß wir für diesen Fall bei ihr übernachten können.

Hurra, wir fliegen

Donnerstag, 9. August

Tatsächlich, wir fliegen. Frühes Aufstehen bei Paula. Taxi zum Airport. Warten. Bei der "Kasse" nachfragen: und siehe da, es gibt Hurra, wir fliegen anstandslos Billets für uns. Super Flug mit einer AN-28. 17 Plätze plus ein Notplatz im Gang auf den ein Teenager verwiesen wird. Zwei Blecheimer Zwetschken fliegen auch mit. Ca. 4.500 m Flughöhe. Anderthalb Stunden. Und voila, wir sind 11.00 Uhr in Dushanbe.

Mittag in einem dollen Biergarten. Hinter der Oper. Klasse Schaschlyk. Barbier mit Haareschneiden plus Rasur für 10 Somoni wieder -- wie vor 3 Jahren -- südlich vom Grünen Markt, sehr original.

Wir übernachten wieder im Hotel Dushanbe für USD 10.

Freitag, 10. August

Mit Falk auf der Suche nach dem angeblichen Kitai Gorod ("Chinatown“), wo man gut essen können soll. Kein Erfolg. Gegen 10.00 Uhr dann also Tschebureki in einem Straßencafe. Danach Weitermarsch zum Luxus-Einkaufscenter der Tochter des Präsidenten Rachman(ov). Ov ist gestrichen worden weil das zu russisch klingt. Den Nachmittag mit Schaschlyk und Bier im Lenin Park abgehangen. Der Ober war clever. Schaschlyk im Lenin Park Als wir schon zahlen wollten, meint er nur: Sie erholen sich doch grad so schön. Recht hat er.

Hinter dem Lenin Park entsteht ein Riesenpalast und eine teure Wohnanlage. Überhaupt ist es erstaunlich, wie sich Dushanbe in den letzten drei Jahren verändert hat. Produkte, Geschäfte, Cafes, Autos ... nicht einen Bruchteil davon gab es 2004. Nach dem Abendessen unterhalte ich mich mit zwei Eisjungen im hypermodernen fast food open air im Park hinter der Oper. Im Schnitt verdient man wohl 100 USD. Aber es geht bergauf. Obwohl russische VIVA-Mitschnitte auf Flachbildschirmen zu sehen sind (mehrheitlich HipHop), mögen die Jungs wohl eher "Tajik Music“. Sie können sogar bruchstückhaft Englisch und fragen, ob die Pamiris in der Berg-Badachschan-Provinz "horoschiy" (also gut drauf) sind.

Samstag, 11. August

Wir haben wohl einige Schaschlyk zuviel oder einfach die falschen. Bei Falk schwerer Durchfall über Nacht. Ich leide unter irren Gliederschmerzen besonders in den Beinen. Trotzdem Einkaufsbummel. Erst Aini-Straße, dann Bahnhofsgegend. Alles zu haben, auch "Raubkopien" und CHARNEL Nr. 5. Glücklicherweise weiter oben in der Rudaki ein klimatisiertes Internetcafe (PLAZMA).

Die Schaschlyktester liegen flach. Falk leidet am nachmittag immernoch an Magenkrämpfen und ich bekämpfe 39 ° Fieber mit Ibuprofen.

Schade, zum Abschied also kein Schaschlyk.

 

Literatur

Agachanjanz, Okmir: Auf dem Pamir. Aufzeichnungen eines Geobotanikers. Verlag Progreß Moskau 1980 VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1975
Satulowski, D.M.: In Firn und Fels der Siebentausender. Gipfelsiege in Mittelasien. VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig. 1964

 

Update: 22. August 2007
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